The Bamboos - Rawville

he Bamboos
„Rawville“
Tru Thoughts / Groove Attack

Dass es Down Under ganz besonders deepen Funk geben könnte, scheint geografisch halbwegs naheliegend, ist aber natürlich nur eine ungelenke Einleitung. Wir haben es mit The Bamboos zu tun, Australiens bedeutendstem Funk-Export dieser Zeit. Und wenn eine Kapelle antritt, um das Land der Kängurus und der andersrum abfließenden Wasserstrudel mit dem zweiten Album („Step It Up“ erschien Anfang 2006) fester auf die Landkarte unserer Lieblingsmusik zu tackern, dann hören wir besonders genau hin.

„Rawville“ kommt allerdings erstmal als zwiespältige Angelegenheit daher. Der Titel scheint die Richtung vorgeben zu wollen, die auch in der Presseinfo als super-heavy, raw and upfront drum-break-driven grooves proklamiert wird. Der Opener „The Bamboos Theme“ allerdings ist zwar zackig uptempo und sportet Fanfare und Drumbreak, klingt aber am Ende wie aus einer handvoll Tunes zusammenzitiert und lässt vermissen, was man gerne heavy nennen würde. Mit „Bring it Home“ feat. Labelmate Alice Russell folgt auch gleich noch eine zarte Enttäuschung: Handwerklich ist das zwar prima, aber die Messlatte liegt dank Combos wie Jones/Dap-Kings oder Whitney/Osaka so hoch, dass dieser formelhafte Soultune einfach nicht überzeugen kann. Ohmega Watts schafft es zwar, das vorab als 7“ erschienene „Get in the Scene“ trotz extrem simpler Struktur und schwächlicher Drums zu einem handfesten Tanzspaß zu veredeln, den Verdacht, das alles schon fetter gehört zu haben, wird man aber nicht los. Das temporeiche Instrumental „The Witch“ lässt erstmals durchblitzen, dass mehr gehen kann, fein dosierte Horns und die einfache Bassline spielen sehr gut zusammen. Dummerweise folgen darauf schon wieder zwei Vocaltunes wie Blaupausen aus dem Funk and Soul 101, die ohne wirkliche Eigenheiten auskommen. Man möchte das Album schon fast aufgeben.

Bis „Head in the Clouds“ kommt. Tyra Hammond reisst den Tune in Sekundenschnelle an sich, die Bamboos legen einen wunderbar akzentuierten Soundteppich zurecht und auf einmal haben sie mich mit diesem außergewöhnlichen Stück Soul wieder. „Happy“ kickt direkt hinterher, mit einem treibenden Drumbreak, perfekt dosierter Orgel und einem düster von Bass und Gitarre getragenen Groove, auf dem erneut die Horns die Führung übernehmen. Rough, schnell, schwer. „Rockin' It“, das bessere Stück mit Ohmega Watts, lässt den Hörer zu oldschooligen Vibes ausspannen und sinnieren: Warum denn nicht gleich so? Wieso sollte eine Band mit so viel Style das Album mit handelsüblichem Standardfunk eröffnen? Und während man noch fürchtet, es könnte gleich wieder bergab gehen, taucht mit „Pussy Footin'“ das nächste Kleinod auf. Breitformatiger Gangster-Funk ist die Basis, Querflöte und Orgel wechseln sich ab und tauchen tief in Blaxploitation-Zitate. Leider nur knapp dreieinhalb Minuten, aber was für ein Film! Es folgt der Titelsong „Rawville“, kein Wunderwerk, aber sympathisch verspielter Funk, der sich keine Sekunde mehr nach Studentenband anhört und in den aufgerauten JB-Groove von „Tongan Steel“ überleitet, über den mit reichlich Solo-Action der zweite Longplayer der Bamboos zu einem versöhnlichen Ende geführt wird.

Vielleicht ist ja das die Besonderheit an Funk Down Under. Da ist ja oben unten. Anstatt schwaches Material ans Ende der LP zu drängen und mit zwei Hits zu eröffnen, treiben die Bamboos einen zuerst in die Frustration, und gerade wenn man zum Langweilig-Stempel greifen will gibt’s Saures. Gut dass ich keine Punkte verteilen muss, denn mehr in die Extreme kann das Attribut „durchwachsen“ kaum gehen – wenn man aber Geduld mitbringt, bietet „Rawville“ in der zweiten Hälfte ein paar der einnehmendsten Tracks der Saison. Ob Kylie Minogue das auch so macht?

djmq | Montag, 21. Mai|   Diskussion (0)