Kutiman - Kutiman

*Kutiman
Kutiman
VÖ: 26.10.2007
Melting Pot Music / Groove Attack

Die Bahnstreiks bestimmen vielleicht die Schlagzeilen, aber viel gravierender war der temporäre Poststreik, der mir mindestens 10 Tage meines Lebens das neue Kutiman Album vorenthalten hat, welches am 26.10. die Regale der Plattenläden erblickt. Geduld mag vielleicht eine Tugend sein, aber Kutiman ist eine Offenbarung: Ein Mann produziert einen Sound der wie eine Allstar-Band bestehend aus Sly Stone, Fela Kuti, David Axlrod und James Last klingt, die gerade das Finale des Battle of the Year musikalisch untermalen.

Ophir Kutiel ist der Zauberer, der diese vermeintliche Oldschool Wunderband in Israel zusammengestellt hat, und auf den Aufnahmen selbst die meisten Drums, Percussions, den Bass und die Keyboards eingespielt hat. Auch wenn seine erste Single „No Groove where i come from“ die Behauptung aufstellt, Israel sei musikalisch nicht besonders gesegnet, hat er mit der Brasssection der Band Funk’n’stein mächtige Verbündete gefunden, die das Album gekonnt mit Bläsern veredeln.

Kutiman grooved mit einem angenehm staubigen Sound dahin wie Sly Stone im schönsten Drogenwahn. Er selbst sagt über die Aufnahmen, es sei sein Versuch gewesen nach einem inspirierenden Aufenthalt in Jamaika vor dem Alltag zu fliehen und ins Weltall zu entwischen. Songs wie „No Reason“ wecken Erinnerungen an David Axlrods Break-beladenen düsteren Sound, der sich mit Fela Kutis Bläsereskapaden kreuzt. Schwere rollende Drums und veraltete Synthies weben sich durch die Songs, wie bei alten Parliament/Funkadelic Platten. Die erste Single „No Groove Where I Come From“ hat bereits im vergangenen Jahr die Afro-Beat Community aufhorchen lassen. Denn es handelt sich bei dem Song nicht einfach nur um eine Verneigung sondern um eine wirkliche eigene Interpretation von Afro Funk. Fela Kuti trifft Captain Future bei einer Jamsession und sie entschließen sich zum nächsten Breakdance Battle zu gehen. Einen Track später erleben wir bei „Losing It“, stimmlich veredelt von Karolina (nicht verwandt mit der Bekannten von Shaggy), einen Brecher von Groove Monster, der in Sekunden die Arktis für Windsurfer befahrbar machen könnte. Ein enormer Breakbeat wird von Synthielines gejagt und ein B-Boy Klassiker entfaltet seine treibende Kraft in den Boxen.

Auch „Chaser“ und „Escape Route“ sind zwei schnelle Nummern, die mit ihrem verschleppten Meters Grooves direkt aus dem Sumpf der Südstaaten entstiegen sind, und in bester Garagenfunktradition dahin raßen, bis sie vom psychedelischen Sound Kutimans eingeholt werden, und zu Blaupausen des Israelischen Afro-Funk werden.

Dabei werden mit dem Album nicht nur Uptempo Funk Freunde und Liebhaber von Afro-Elementen beglückt. Alle Songs sind abwechslungsreich und aufwendig arrangiert und erinnern dabei an den Big Band Kraut Funk aus Deutschland, der stets einen Hang zur Filmmusik, mit diversen Bridges und B-Parts hatte.
Aber auch zwei herrliche Spaced Out Lounge Nummern werden mitgeliefert, die ebenfalls in ihrer Sleazyness an deutsche Produktionen erinnern. Allerdings sitzt der Groove bei Kutiman wesentlich tiefer in den Stücken, als es bei den Schnurrbartträgern aus Deutschland jemals der Fall war. Das verspielte „I Just Wanna Make Love To You“ beispielsweise, legt den Hörer direkt an einen abendlichen Sandstrand unter Palmen und besingt die Sehnsucht nach Zweisamkeit in den höchsten Tönen.

Ein besonderer Leckerbissen ist das aussergewöhnliche „Trumpet Woman“ bei dem die israelische Wundertüte Karolina alle Bläserparts selbst übernimmt, und sich dabei in eine alte Jazz Diva verwandelt.

Das Album ist eine Schatzkiste für ungewöhnliche Sounds und stimmige Produktionen. Von Grooves durchzogen, die derart in die Beine gehen, dass selbst Laptop Boxen die gesamte Bürogemeinschaft in Bewegung versetzen. Ein außergewöhnliches kleines Meisterwerk, das hoffentlich bald im DJ-Gepäck die Clubszene überrennen wird.

Tacklist

1. Bango Fields
2. No Reason For You (feat.Elran Dekel)
3. Take A Minute
4. No Groove Where I Come From (feat.Elran Dekel)
5. Losing It (feat.Karolina)
6. Skit
7. I Just Wanna Make Love To You (Feat. Chaka Moon)
8. Chaser
9. Once You're Near Me (feat.Elran Dekel)
10. Escape Route
11. Trumpet Woman (feat. Karolina)
12. Music Is Ruling My World (feat. Karolina)
13. And Out

Links:
Melting Pot Music
Kutiman Myspace
Kutiman Interview bei Clashmagazine

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