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Karl Hector & The Malcouns - Sahara Swing |
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arl Hector & The Malcouns
"Sahara Swing"
Now-Again Records / Groove Attack
Es ist nicht mal zwei Jahre her, dass Daptone Records ein Album wiederveröffentlichte, das man wohl ohne große Übertreibung als eine Wurzel der heutigen Raw-Funk-Bewegung bezeichnen darf. "Practice What You Preach" von den Poets of Rhythm, 1993 entstanden, war nicht nur höchst authentisch in seiner Soundästhetik und zugleich atemberaubend gut gespielt, sondern es kam auch aus der unwahrscheinlichsten aller Ecken: Von einer Band aus München, Germany, alle damals gerade mal um die Zwanzig – Max Weissenfeldt, der Drummer, sogar ein Jungspund von 15, 16 Jahren, und ein unvergleichlich talentierter obendrein.
Anderthalb Jahrzehnte nach diesem Debüt, das seine Kreise zwar langsam, aber nachhaltig zog, gaben die Poets of Rhythm um die Brüder Jan und Max Weissenfeldt formal ihre Auflösung bekannt, was in Kennerkreisen vorrangig für Neugierde sorgte, denn kaum eine Band hatte das Verwirrspiel im Identitäten, Pseudonyme und Phantasiebandnamen, aber auch eine tatsächlich stets fluktuierende Besetzung so perfektioniert wie die Poets. Keine Website, kein Myspace, kein Hype und kein Tamtam, all das lenkt nur ab. Nur immer wieder grandiose Platten, zig Singles in Kleinstauflage, der Albumdeal mit Quannum und Ninja Tune, und eine nicht enden wollende Liste von Spinoff-Projekten, die man gerne mal bei Discogs nachlesen kann.
So ist es auch nur milde verwunderlich, kurz nach der verkündeten Trennung ein neues Album aus dem Poets-Dunstkreis in den Händen zu halten: "Sahara Swing" von Karl Hector & The Malcouns, das erste Albumprojekt der Allstars seit dem Whitefield Brothers-Longplayer "In the Raw" von 2002. "Sahara Swing" ist dabei die konsequente Fortführung einer Entwicklung, die sich auch in letztjährigen Shows andeutete: Statt aufgekratztem, kompaktem Funk alter Schule spielte die Band oft schier uferlose Jams, die sich eher zwischen Freejazz und polyrhythmischen Exkursionen nach Nord- und Westafrika auszubreiten schienen. Nun wurden diese Ideen offenbar auf Vinyl komprimiert.
Bo Baral, langjähriger Wegbegleiter, ersetzt Max Weissenfeldt an den Drums und begleitet die Band auf dem Trip durch die Wüste, der die vorherrschenden afrikanischen Skalen und Rhythmen immer wieder punktgenau in kompakte Funkstrukturen gießt, ohne freiere, fordernde Elemente vermeiden. Ein bisschen so, als würde man Mulatus äthiopischen Jazz mit dem Funk der Meters vereinen, manchmal bedrohlich und fremdartig, meist verschwitzt und träge (Die Hitze! Die Kamele!), immer warm und so knietief in Wanderdünen des Groove, dass man sich der Faszination dieser Instrumentalstücke nicht entziehen kann.
Kein Easy Listening, keine Hooks, kein Funk für deine Studentenparty, nein. Aber dafür umso lohnender. Die Schlussfolgerung ist also platt, aber wichtig: Egal, in welcher Inkarnation, die ehemaligen Poets of Rhythm sind immer noch genau das – herausragende Musiker, die einen Beat wie ein Gedicht erzählen, und nach einer Dreiviertelstunde hat man gerade erst richtig Lust darauf bekommen.
djmq | Freitag, 22. August|
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