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58 Beats: Minute, Rekless, Vier Zu Eins |
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ier Zu Eins „Abenteuer Hoch 3“
Rekless „Von Zuhause Aus“
Minute „Alles Wird Anders“
alle 58 Beats (Groove Attack)
HipHop mag für Kulturpessimisten eine Art Agar-Agar sein, ein Nährboden, auf dem Vorwürfe und Verallgemeinerungen gedeihen wie sonst nirgendwo. Es ist aber auch einfach. Pimps und Hoes, die Hand im Schritt und das Hirn im Kofferraum, und Deutschland strotzt vor identitätslosen Indielabels, die sich offenkundig damit zufrieden geben, der mediokre Abklatsch einer schlechten Kopie zu sein. Soweit die Theorie. Gut, dass man sich eine gewisse Gelassenheit aneignet und weiß: Es gibt sie noch, die gallischen Dörfer, die schlauen Köpfe, die diese Sache richtig angehen. Manchmal muss man eben nur wissen, wo man suchen soll. 58 Beats könnte so ein gallisches Dorf werden. Das Münchener Label, 1998 von Main Concept gegründet, wurde lange eher auf Sparflamme betrieben. Damit soll es nun offenkundig vorbei sein: An dieser Stelle folgt ein längst fälliges Special über den Alben-Hattrick der Djs-gone-MCs-Supergroup Vier Zu Eins, die nächsten zwei Releases der 58er liegen aber bereits vor und werden zu gegebener Zeit sicher noch abgehandelt.
Beginnen wir mit „Abenteuer hoch 3“ von Vier zu Eins, das schon rund ein Jahr alt ist, aber doch irgendwie zum Paket gehört. Die Crew aus Roger Rekless, Hr Minute und Al Rock existiert seit 1998, reichlich DJ-Arbeit für RAG, Raptile, E-La oder Fiva MC erlaubte aber erst 2006 das Debütalbum. „Abenteuer hoch 3“ ist ein ziemlich passender Name für ein Album voller Cliquen-Storys, voller Geschichten von Jungs, die zusammen mit HipHop erwachsen wurden, über ihren Alltag, ihr Leben, ihren Humor und ihren Mikrokosmos. Der Rap gewordene Fünf-Freunde-Roman: „Wir sind Kindsköpfe, waren nie Schülersprecher“ trifft die Angelegenheit auf den Punkt. Auf der Haben-Seite sind hier einige durchdachte und saubere Konzepttracks zu verbuchen, ein charmantes bajuwarisches Augenzwinkern und eine Produktion, die mit Hilfe von Glam und Adlib dem Album eine mehr als solide Basis gibt. Dass allerdings in Sachen Rapskills der Hammer 2006 ganz woanders hing, sollte nicht verschwiegen werden - oft erinnern die Inhalte und hörspielartigen Tracks mit zu vielen Skits an ältere Blumentopf-Alben, für Reim- und Flowfanatiker wird hier kein Neuland betreten, Spaß macht das ganze aber allemal - meist wesentlich mehr als der wenig innovative Topf der letzten Jahre. Mal ehrlich, wer „Fixbutte“ auf „nix, Nutte“ reimt, hat Einiges gut.
Dass das Ganze aber auch manchmal von der Summe der einzelnen Teile locker übertroffen werden kann, zeigt sich hier. Da wäre zum einen das Solo von Rekless, das irgendwie komisch als Hybrid aus Street- und Studentenrap verstanden möchte. Noch viel komischer: Das ist gar nicht mal so unpassend. So hat Rekless zweifellos ein loses Mundwerk, das zur großen Klappe eines Straßenköters tendiert, zeigt sich aber genau so als reflektierter Erwachsener, der weiß, wo er hin gehört. Je persönlicher er textlich wird, desto mehr überzeugt „Von Zuhause Aus“, zu bemängeln bleiben allerdings ein paar wenig elegante Hooklines, etwas Pathos, einige schwache Beats und, Hand aufs Herz, grobe Ausfälle wie „M.S.P.“, bei dem man nur kopfschüttelnd zurückbleibt. In seiner Gesamtheit klingt „Von Zuhause Aus“ letztlich wie das Album eines Künstlers, der weit mehr kann, als er hier zu zeigen in der Lage war. Gerne würde man mehr Geschichten von Rekless über Rekless hören, der sich in „Aber Nein“ so schön schmunzelnd vorstellt – aber bitte konzentrierter und einheitlicher, damit der schale Beigeschmack wegfällt.
„Alles wird anders“, verspricht darauf sein Bandkollege, Herr Minute. Und er soll Recht behalten. Sein Solo darf getrost als eines der verschrobensten, eigensinnigsten und gleichzeitig futuristischsten Alben der deutschen Rap-Moderne gelten: Der Opener knallt dir einen zurückgelehnten Beat mit unendlich schleppenden Drums und disharmonisch flirrenden Synths um die Ohren, der so schön dreckig nach Detroit und Dillas Erbe klingt, dass man kaum noch Fehler machen kann, und darüber droppt Minute in seiner lethargischen Art Lines über das Clubben, wie sie lange keiner gedroppt hat – lasst mich, der DJ ist ein Arschloch und das Problem an dem Mädel da ist nicht, dass sie erst 15 ist, sondern dass sie jetzt noch nicht gehen will. Darauf erstmal einen an der Bar, pur, und mach die Drums lauter. Willkommen bei Minute, die Welt da draußen ist sowieso seltsam, wieso sollte man also einen Fick drauf geben? Er könnte ja eh alles sein, „wenn ich doch nur wollen würde,“ proklamiert der nächste Tune und legt die Richtung fest: In einer Soundästhetik zwischen Detroit und Oxnard, Soulquarians und Boom-Bap-Blues lässt sich Minute einfach treiben und erzählt, wie es ist, wie es sein sollte und was zählt. Rap unterliegt dabei keinem technisierten höher-schneller-weiter-Zwang, sondern ist trotziger Selbstzweck und organische Ausdrucksform. Minimalistisch und eher der dunklen Seite verpflichtet baut sich hier einer ein Denkmal, ohne auch nur im Traum an sowas zu denken. Es wäre ja auch zu ungemütlich. So ist das mit dem HipHop-Ding, „du musst dumm sein oder du musst es lieben,“ und er liebt den Scheiß nun mal. Wer hält Nerd noch für ein Schimpfwort? Get outta town. Der geilste ungeahnte Egotrip aus lazy Beats, Punchlines und ganz eigenem Freakscheiß seit Marsimoto, „eingebildet wie ein Placebo“ und das zu Recht.
djmq | Donnerstag, 10. Mai|
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