22.01.06 Klassiker

Jazz's Klassiker Vol.1 - demnächst bei ReclamWir unterbrechen die Top10 Listen um dem Publikum "Klassiker" zu bieten. Es gibt eigentlich nichts Schöneres als „den Klassiker“ zu erleben. Das gelebte Klischee, die Gewissheit, dass auch die Ungewissheit ihre Grenzen hat. Das leben ist eigentlich einfach.

Musikalisch ein Klassiker
Plantlife – The Return of Jack Splash
Dieses Album ist sogar schon mal als „zu funky“ bezeichnet worden, so gut ist es.

Aber laut Einleitung wollten wir mit dieser Prosa woanders hin. Mein geliebter Nebenjob bereitet mir oft bis in die späten Stunden Arbeit. Und da der Arbeitsgeber noch liebenswerter ist, darf ich von Zeit zu Zeit mit dem Taxi die Heimreise verkürzen. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ist das Vergnügen mal wieder ganz meinerseits. Das Taxi hält am Treffpunkt und ein junger Mann das Steuer in der Hand. Ich begrüße ihn und verkünde das Ziel der Reise. Er schaut mich verschüchtert an...

„Äh das ist geradeaus?“ - „Ja, da Ecke soundso“ - „Also geradeaus und dann?“ - „Links oder rechts, geht beides“ - „Okay.“ - „Du bist neu?“ - „Ja mein fünfter Tag im Taxi, und wenn man ursprünglich nicht aus Hamburg kommt, ist das doch alles zu groß.“ - „Verstehe ich absolut, ich bin jedes Mal verwundert, was die Fahrer alles im Kopf haben.“ - „Ich habe auch vier Monate gelernt.“ - „Und? Den Klassiker gemacht? Studiert um Taxi zu fahren?“ - „Ja Kunst studiert und jetzt... Freier Künstler und Taxifahrer.“

Wir tauschten uns also während der Fahrt über Studium, Sinn, Zweck und frischgebackene Abiturientinnen in den Vorlesungen aus, da stellt sich heraus, Kunst ist nicht nur ein eher schönes als erdverbundenes Studium, nein er hat es irgendwann ganz sein lassen. Ich fühlte mich fast verstanden, wir saßen im selben Boot/Taxi, nur habe ich nicht mal einen Führerschein für die Zeit nach dem Studium. Ich hatte dann auch die Ehre ihm den ersten Taxigutschein zu überreichen, den er in seinem Leben gesehen hat. Nachdem er mich noch mal nach dem Weg zurück (?!?) gefragt hat, meinte er noch: „Und wenn du mal in der Uni bist, und denkst du hältst es nicht mehr aus mit den Leuten – Bleib dabei! Es lohnt sich“
Ohne Führerschein wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben.

Einen Tag später habe ich die nächste Nachtschicht an der Wange. Betreuung einer Ü30 Party mit 1200 Paarungswilligen Menschen mit Lebenserfahrung. Stadtbekannt als die Vermittlungszentrale für unterqualifizierten Geschlechtsverkehr. Jeder verhält sich wie ein Deckel und sieht aus wie ein Topf. Da ist für jeden was dabei. Da stimmt das Sprichwort von vielen anderen Fischen im Meer, und es riecht auch gerne so. Das Publikum ist also grundsätzlich zielorientiert. Am Ende der Feierlichkeit ruft mich ein Securitymänniken per Funk. Wir haben ein Problem, zwei Menschen kommen nicht an ihr Auto in der Tiefgarage. Die beiden Gestalten schildern mir ihre Not. Ein Defekt muss vorliegen! Ich verkörpere in ihren Augen die Rettung, nur haben meine Augen noch nie die Tiefgarage von innen gesehen. Ich finde nur einen Hinweis mit Nummern, die gefälligst nicht nachts anzurufen sind. Ich beende kurzerhand die Nacht und erkläre dem geweckten Hausmeister alles als einen morgendlichen Notfall (4:30h). Der gute Mensch ist nicht nur verärgert, sondern auch keine Hilfe. Mittlerweile restlich ratlos kehre ich zu dem Automaten zurück, der nach Beschreibungen defekt sein soll. Erlösung! Karte passt doch, Tür öffnet sich, die beiden verschwinden endlich, nur die Frage bleibt: Was machen zwei Menschen auf einer Abschleppparty, wenn sie das simple Prinzip von 'rein', 'raus' und 'weg' nicht verstehen? Die Türsteher klären mich später auf, dass sei bei dieser Veranstaltung ein Klassiker.

Posted by Jazzket