29.06.06

De Welt to Gast bi Fruenn

So in etwa zum gleichen Zeitpunkt als der „Scheiß-drauf-ich-mach-doppelt-Party“ - Instinkt Jazzkets Füße zum Glühen brachte (wer kennt das nicht?), musste ich meine Trauer über das Ausscheiden der koreanischen Mannschaft mit teurem Bier ersaufen. „Sabbel meets Water“ - sprücheklopfend zerlegte ich erstmal aus Frust ne Dosenpyramide.
„Was soll’s denn als Gewinn sein?“
Die Auswahl: Ein Stoff-Pikachu, ein rosa Fußball Marke R.S.F. und eine Deutschland-Flagge. Ich habe drei koreanische Trikots und die Nationalflagge – komischer Weise nur nicht die deutsche, obwohl ich seit Breitner und Rummenigge 1982 kein einziges Spiel verpasst habe. Man durfte ja nicht. Und deswegen kommt es ja auch doppelt so dick.
„Herr Schmidt nimmt natürlich die Flagge!“
Ein Tag und zwei Tore später tanzte ich doppelt beflaggt über meinen Galao-Catwalk. Ausgelassene Stimmung, Yuppies und Hartz-IV-Empfänger vereint in Eintracht, denn es gibt ja nur „ein Miro Klose!“ Eine große Koalition ohne Disput. Wäre Fußball die Gesundheitsreform bräuchte man keine Koalitionsausschüsse. Und selbst der Herr „Weck-mich-auf-aus-diesem-Alptraum-Samy-Deluxe“ musste sich im Wagen durchschütteln lassen. „Deutschland, Deutschland!“ Die nach hinten gedrückte Kehlkopftechnik bewirkt im übrigen Wunder: Ein kleines Halseinknicken und der Lackschuhpeter wird sofort zum Oberproll – aber das waren ja alle. Es fehlte nur noch „Freude schöner Götterfunken“ und ein kitschiges Feuerwerk – und ebenso haben wahrscheinlich auch die Partisanen in der roten Flora gedacht. Also dröhnten sie die Leute mit schlechter Punkmucke zu, wie Scheiße Deutschland ist und wie scheiße eigentlich Deutsche sind und Scheiße hier und Kacke dort und warum überhaupt leben und so fort. Als Statement zerrissen sie die Fahnen oder modellierten sie gemäß dem Anarchosyndikalismus in eine schwarzrote Fahne um.
Verdammt, was sind wir auch so ätzend opportun! Die WM im eigenen Land und sofort Flaggenalarm. Und Adolf und Vergangenheit und Rudi Dutschke und scheiß Gorleben, aber immer noch kein Windrad auf der Flora und alle, die Galao buchstabieren können sind Neoliberale und wieder scheiß Deutschland und Kacke, aber her mit Sozi und wieso haben wir eigentlich nicht so ne Party - bla, bli, blup. Und weil jeder mit Wasser bespritzt wurde, der Flagge zeigte, dachte ich mir trotz Flora-Sympathie: „Wer ist hier der Wasserwerfer und wer der Linke?“
Wenn das Schulterblatt die Hausparty war, dann waren die Aktivisten eigentlich die Spießer. Und so machte ich das, was ich immer mit Spießern mache: Ich mach sie lächerlich und tanzte mit meiner Deutschlandflagge als Prototyp eines koreanischen Ariers vor ihnen den Wassertanz. Und Wunder: Es gab reichlich Wasser, aber unter irritierenden Blicken und klatschendem Beifall der herumstehenden Türken, Polen, Spanier, Italiener etc. Und dann drückte mir ein Portugiese mit Deutschlandflagge ein Sagres in die Hand und sagte: „Schöne Aktion!“
Was ist also eigentlich noch übrig, wenn die Definition der hehren Ideale nur noch existieren kann, indem Bestehendes konterkariert wird, also nur noch als Schatten verkümmert, ohne aus sich selbst heraus Energie zu entfalten? Links ist links. Oder kann links alles sein, Hauptsache alles Scheiße und dagegen? Links ist…äh, ja…Anti-Mainstream? Bleibt der fade Geschmack, dass eben solche in einem DDR-Regime die ersten gewesen wären, die die Schwarz-rot-goldene Fahne gehisst hätten – Hauptsache dagegen. Dabei sollte links als Orientierung eine eigene Richtung vorgeben, ungeachtet des Antipodentums, wenn denn solcher überhaupt ausgeprägt vorliegt. Und wenn die Richtung nur darin besteht, als Beiboot im Fahrwasser des großen Dampfers zu schippern und diesen zu bepöbeln, frage ich mich, wo denn die eigene Richtung ist? Und was hätten die Studenten, die 1848 in einer amtlichen Märzrevolution unter Blut und Schweiß die Flagge der „Freiheit“ hissten, wohl über jene „Linke“ gedacht, die nun krampfhaft versucht haben jene Flagge anzuzünden?
Warte mal, diskutieren wir hier über den Militäreinsatz im Irak oder das neue Abschiebegesetz, oder – was war noch mal der Grund? Ach ja! Das politischste aller Themen: Fußball. Ich bin jedenfalls auf den Freitag gespannt, wenn Deutschland wirklich gewinnt. Wenn sie es tun – bin ich wieder mit meiner Flagge da. Das bin ich Breitner, Rummenigge, Brehme, Häßler, Matthäus, Littbarski, Völler, Klinsmann, Klose und Ballack schuldig. Basta!

Posted by Namjo at 12:38

26.06.06

Stand up for the Champions

Die Gegner des therapeutischen Klonens kennen offensichtlich nicht meinen Terminkalender. Zu meiner persönlichen, sich jährenden, Umrundung der Sonne (Stevie hat den ultimativen Song zum Thema geschrieben) habe ich mir den Kalender frei gehalten, damit ich mal gediegen zur Ruhe kommen könnte. Doch wie es so ist, kündigt die Ruhe nur den Sturm an. Am Lenz machten die guten Neuigkeiten die Runde: Positunes auf dem Fifa Fan Fest, ich als Tourbegleiter, und ein Foto-Shooting mit dem grandiosen MG3 und ein paar sehr speziellen Gästen, ich als Model. Zwei sehr feine Sachen, die beide erfreulich sind, und natürlich zur selben Zeit stattfinden sollen. Unglücklich nur, dass der Ort jeweils ein unterschiedlicher ist. Und so weit um die Ecke zu denken, das MG3 auf das Fifa Fan Fest zu verlegen wollte man dann auch nicht. Das größte Fußballereignis der Hansestadt und das vielleicht beste Jazz Trio passen halt doch nicht zusammen. Dafür ist der Fußball-Fanat vielleicht nicht recht in Laune. Roger Willemsen ist für die Deutsche Mannschaft ja leider auch nicht aufgestellt worden. Und so lange Prinz Poldi noch nicht Kulturzeit auf 3Sat moderiert fehlen vermutlich ein wenig die Schnittmengen.
Als der Veranstalter des Fan Festes dann auch noch einen zweiten Gig am gleichen Tag fordert, freut sich mein Mobilfunkanbieter, der sich bereits über 8 Stunden im vergangenen Monat gefreut hat.
Nach dem erfolgreichen Organisieren aller Künstler, und einem Vertreter für meine Aufgaben beim MG3 Shooting (Foto-Playback: ein Mensch tut nur so, als würde er wie jemand anderes aussehen, tut es aber gar nicht wirklich) steht einem 14 Stunden Freitag nichts mehr im Wege.

Als leicht verspätetes Geburtstagsgeschenk erhalte ich die frohe Kunde, dass wir uns beim Fan Fest den Backstage Bereich mit Right Said Fred teilen dürfen, bzw. die mit uns teilen müssen. Jeder Mensch ist Fan von Right Said Fred (ca. Scooter des Gitarren-Pop) , und von den Hardcore Fans von R.S.F. sieht nicht jeder gut aus. Die Grundidee des Groupies klingt beim ersten Hören reizvoll, beim ersten Blick auf die Realität allerdings... Nicht nur der Genießer schweigt - auch der Beobachter im Schockzustand – oder wenn du nichts Positives zu sagen hast dann...

Kein Wunder, dass das heilige Catering der legendären R.S.F. aus Subway Sandwiches und Vodka besteht. Die Jungs selbst sind eigentlich sehr entspannt und auch nach 150 Jahren Showbiz vor jedem Auftritt immer noch aufgeregt. Am meisten verwundert ist man dann aber über sich selbst. R.S.F. gehen auf die Bühne und alle die auf der Seitenbühne dabei waren gehen ab! Und wie es scheint könnte ich locker bei R.S.F. fünf oder sechs Songs mitsingen, ohne Textschwächen zu zeigen. Als der Playback Meister endlich „I’m too sexy“ droppt verlieren wir alle die Kontrolle. Ich muss mich wohl oder übel als R.S.F. Hooligan bezeichnen lassen. Es gibt Videoaufnahmen, die Sannah, Katrin einige andere und mich dabei zeigen wie wir den Song härter performen als Right Said Fred auf der Bühne.
Aber das ist ja auch in Ordnung, ist ja WM, und fuckin’ Right Said Fred! Und dieser Rausch sollte sich fortsetzen.

Nach ungefähr 11 Stunden Fan Fest und vorangegangenen Fotoshooting mit dem MG3, ist man doch verhältnismäßig fertig. Gerade wenn man sich bei dem Konzert von R.S.F. so verausgabt wie ich. Mit Ohrwurm-Dauerschleife im Kopf und Schlaf im Sinn verpasst man den Bassment Club, um am nächsten Tag 15 Stunden zu arbeiten. Eine nette kleine Vermietung voll mit leicht desorganisierten Modeschöpfern kann das Herz erfreuen, besonders wenn der Schlafmangel langsam seine berauschende Wirkung zeigt. Der Höhepunkt der Veranstaltung sollte eine Party mit einem DJ sein, der rund um Hamburg bereits jede ländliche Zeltdisko zerlegt haben muss.
Der Hans Albers Platz mitten in Barmbek. ‚Rama-lama-ding-dong’ trifft Culture Beats grandioses ‚Mr. Vain’. Da ich immer noch voll auf Right Said Fred hängen geblieben war, dauerte es nicht lange bis ich als Verantwortlicher des Abends beschlossen hatte, dass es Zeit für Karaoke war. Nicht nur Hausrecht und Verantwortung lagen in meiner Hand, sondern auch das schnurlose Mikrofon. Und Dirty Dancing wäre ein anderer Film gewesen, hätte man meine Version von ‚Time of my Life’ damals verwendet. Und viele wissen gar nicht wie ähnlich die Basslines von ‚Killer / Papa was a rolling stone’ von George Michael und ‚Sing Halleluja’ von Dr.Alban sind. Dank meiner Beatboxskillz gibt es aber 50 neue Zeugen dieser Parallelen. Das Pur Medley hat mir dann den Rest gegeben. Robbie Williams ‚Angels’ wurde folglich mit einer Lightshow untermalt, wie sie sonst nur bei Madonnas Konzerten zu erleben sind. Der Kiez wäre nach all dem mein gewesen, hätte der Abbau nicht doch zwei volle Stunden gedauert.
So blieb der Kiez doch noch mal verschont, und ein Taxifahrer für die Heimreise musste her.
Da die Nationalmannschaft am Nachmittag unter Beweis gestellt hat, dass wir Weltmeister werden, gab es auch noch um 5 Uhr Morgens vereinzelte Patrioten im Vollrausch. Der Taxifahrer freut sich: „Deutschland. Land der Dichter und Denker.“ Ich fühle mich komisch berührt. Der Taxifahrer ist Holländer! Aber gut, nach Hause fahren wird er können.
Das tolle an Holländern ist, dass man sich immer direkt an Rudi Carrell erinnert fühlt. Das Gute an Rudi Carrell, ist die Tatsache, dass egal was die anderen TV-Sender senden, es wird besser sein als Rudi Carrell. Eine relative Aufwertung des TV-Programms.
Das dumme an Holländern, die nicht Rudi Carrell heißen, ist, dass es leider keine Fernbedienung gibt. Das fällt einem dann aber doch erst auf, nachdem es bereits zu spät ist, um noch ein anderes Taxi zu nehmen. Also hatte ich nach 15 Stunden Arbeit, noch das Vergnügen eine Diskussion über Patriotismus und Fußball austragen zu dürfen. Diese Woche finde ich hoffentlich einen argentinischen Taxifahrer, oder den aktuellen Tourplan von Right Said Fred.

Posted by Jazzket at 19:32

09.06.06

OUT NOW!

Überraschung! Heute ist nicht nur die Eröffnung der WM, nein auch das erste Positunes Album erblickt das Licht des Einzelhandels! Die 14 schönen Songs gibt es per sofort auf CD beim Musikalien Fachmarkt des Vertrauens, bei Amazon.de oder digital bei www.fairtracks.de.
Und Positunes gibt es plötzlich kreuz und quer durch den Medienwald!
Interview bei Soul-Site.de, Review bei MKzwo, Hamburger Album des Monats in der Szene Hamburg (wenn ich mich nicht irre) und an vielen anderen Orten. Die Radiowellen sind auch nicht mehr sicher vor guter Soulmusik aus Hamburg, kein Wunder das Ballack heute spielfrei haben wollte um sich die CD zu kaufen.

Posted by Jazzket at 17:03